Christopher Fritzes "Life in Laos" Fahrrad-Weltreise mit verlängertem Zwischenstopp in Laos
Eine Reise nach Laos, das wäre jetzt was! Die Corona-Pandemie schränkt Reisen nach Südostasien jedoch seit mittlerweile über einem Jahr massiv ein und das Fernweh nach Laos und Co. wird bei mir stetig größer! Zum Glück bin ich vor einigen Wochen zufällig auf den Fahrrad-Weltreise Youtube Kanal von Christopher Fritze (36) aus Flensburg gestoßen, dessen Videos über sein Leben in Laos wunderbar authentisch dazu beitragen, mein Fernweh etwas zu stillen.
Reisen nach Laos, ausgedehntes Backpacking in Laos oder auch eine Rundreise durch Laos mit dem Fahrrad oder dem Motorrad sind das Eine, aber was bedeutet es, in Laos zu leben, ohne darauf eingestellt gewesen zu sein und ohne zu wissen, wann man das Land wieder verlässt? Diesen Fragen gehen Chris und ich in diesem kleinen Interview nach, in dem er seine Erfahrungen über sein (notgedrungenes, aber schönes) “Life in Laos” mit uns teilt!
Leben in Laos: Christopher Fritze, Charity auf Fahrrad-Weltreise
Chris nutzt seine Reise um Spendengelder für Schulklassenzimmer in Darfur, Sudan zu sammeln, die dafür bestimmt sind, diese mit Tischen, Bänken, Tafeln und erster Hilfe Kits auszustatten.

Leben in Laos: Nong Khiaw, Laos
Wie bist du in Laos gestrandet?
Mitte März 2020 hatte sich die Corona-Panik in Vietnam innerhalb weniger Tage rasant ausgebreitet.
„No, no, no“, schrie mir ein Ladenbesitzer ins Gesicht und winkte ab, als ich an der Türschwelle stand. Es war mein letzter Tag in Vietnam und ich brauchte ein paar Vorräte, um über den Tag zu kommen. Die drei Damen im Laden auf der anderen Straßenseite bedeckten ihre Münder und Nasen mit ihren Händen als sie mich sahen, schrien mich mit hassverzerrten Gesichtern an und machten ebenfalls eindeutige Gesten, so dass ich den Laden nicht betreten würde.
Ich versuchte mein Glück bei anderen Läden, Restaurants und Straßenhändlern wieder und wieder. Jedes Mal wurde ich mit ähnlichen Reaktionen konfrontiert und abgewiesen. Niemand ließ mich sein Geschäft betreten, geschweige denn wollte mir etwas zu essen verkaufen. Ein beklemmendes Gefühl stieg in meiner Brust auf. Mittlerweile fühlte ich mich wie ein Alien, den die Einheimischen lieber verhungern lassen würden, anstatt ein paar Lebensmittel zu verkaufen, so dass ich ihren Planeten verlassen kann.
Beim Blick in meine Fahrradtaschen fand ich zwei Orangen und eine halbe Packung Cracker und entschied mich diese auf der heutigen 80 Kilometer Bergetappe mit über 700 Höhenmetern zu rationieren, in der Hoffnung meine Vorräte in Laos wieder aufstocken zu können. Mit leerem und knurrendem Magen ächzte ich langsam die steile Straße hinauf. Die Handvoll Cracker und Orange zum Mittag kamen mir vor wie ein Festmahl. Der Magen knurrte aber weiterhin.
Ich erreichte Lak Sao in Laos in der Abenddämmerung. Jeder hier begrüßte mich mit einem freundlichen „Sabaidee“ (laotisch für „Hallo“). Es kam mir vor als wäre hier die Zeit stehen geblieben und niemand hätte jemals von Corona gehört. Ich fühlte mich wieder willkommen und es fühlte sich richtig gut an.
Wenige Tage später befand ich mich in Thakhek als durch die Medien ging, dass Thailand seine Grenzen schließen würde und außerdem stand ein Lockdown in Laos bevor. Vietnam schloss seine Grenzen bereits einige Tage zuvor, am Tag nach meiner Ausreise. Ich musste nun also eine Entscheidung treffen, wie ich mit der Corona-Situation umgehen wollte. Es war unfassbar schwierig. Immerhin ist diese Reise ein Lebenstraum von mir, den ich nicht so einfach aufgeben wollte. Ich war in einer Art „Entscheidungsstarre“. Nach einem langen Gespräch mit einer anderen Hostelbewohnerin, entschied ich mich in Laos zu bleiben, den Lockdown auszusitzen und meine Reise anschließend weiter fortzusetzen.
Eine Heimreise kam für mich nicht in Frage und eine Weiterfahrt nach Thailand ebenfalls nicht. Dort würde ebenfalls ein Lockdown auf mich warten und außerdem war ich nervös, dass sich die Erlebnisse aus Vietnam wiederholen könnten.
„Wie lange kann so ein Lockdown schon dauern?“, dachte ich. Maximal drei Monate. Keine Volkswirtschaft der Welt kann es sich erlauben länger dicht zu machen. Mittlerweile sind wir alle schlauer und ich befinde mich jetzt seit über einem Jahr in Laos – aktuell in Luang Prabang. Mein Traum von der Fahrradweltreise lebt aber noch immer!
Südostasien zu Beginn der Corona-Pandemie
Ich war ebenfalls im März 2020 in Vietnam unterwegs und brach meine damalige Langzeitreise durch Südostasien verfrüht ab. Während dieser ungewissen Zeit habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht wie Chris. Rückblickend kann ich die damalige Ablehnung vieler Vietnamesen gegenüber Südostasien-Reisenden jedoch nicht verurteilen. Die Situation war einfach extrem ungewiss. Mehr über meine Südostasien-Reiserouten, meine Reiseerfahrungen und wertvolle Tipps für deine nächste Reise nach Südostasien findest du auf meinem Südostasien Backpacking Blog.
Mit dem Fahrrad durch Laos reisen
Mittlerweile habe ich mir ein kleines Reihenhaus in Luang Prabang, der historischen Hauptstadt, gemietet, da es günstiger ist als dauerhaft in Hostels oder Guest Houses zu wohnen. Mein Alltag gestaltet sich immer anders, aber natürlich habe ich ein paar Routinen. Morgens gehe ich in der Regel zum Markt oder einem Noodle Shop, um zu frühstücken. Den Tag verbringe ich dann mit meinen Hobbies oder wonach mir gerade ist – z.B. Tagestouren mit dem Fahrrad, schwimmen gehen, lesen, an persönlichen Projekten wie Blog und Videos arbeiten, und, und, und. Was mir halt gerade so einfällt. Wenn mir die Decke auf den Kopf fällt, dann packe ich meine Fahrradtaschen und mache eine längere Radtour innerhalb des Landes.
Ein richtiges Rentner-Leben in Laos also. 😀
Christopher Fritze über seine Weltreise:
Mein Reiseziel besteht darin, mit dem Fahrrad die Welt zu bereisen, dabei die fünf Kontinente (Europa, Asien, Australien/Ozeanien, Amerika & Afrika) besuchen und auf jedem von ihm signifikante Strecken zurücklegen, so dass ich für mich sagen kann, dass ich sie erlebt und gespürt habe.
Ich bin am 30. Juni 2019 in Flensburg gestartet und habe seitdem 18 Länder besucht (Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Kosovo, Nordmazedonien, Griechenland, Türkei, Georgien, Armenien, Iran, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Vietnam & Laos) – insgesamt ca. 13.000 Kilometer.
Leben in Laos: Chris Fritze vor seinem Haus in Luang Prabang
Was vermisst du in Laos & welche Vorteile bietet dir dein Leben in Laos?
Natürlich vermisse ich manchmal Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, aber Dank der digitalen Möglichkeiten ist die Welt ja sehr klein geworden. Jeder ist ja im Prinzip nur einen Klick entfernt.
Ansonsten vermisse ich manchmal gewisses Essen, was ich aus der Heimat gewohnt. Insbesondere Frühstück, Brunch oder ein zünftiges, selbstgekochtes Gericht von Mutti.
Auch das kulturelle Angebot ist sehr überschaubar in Laos. Ausstellungen, Theater, Kinos, Konzerte, etc. gibt es hier wenig. Und wenn, dann ähneln sich die Veranstaltungen so sehr, dass man gefühlt nach dem dritten Besuch alles gesehen hat.
Außerdem bin ich ein großer Fan vom öffentlichen Nahverkehr. Der ist hier ebenfalls nahezu nicht existent. In der Hauptstadt, Vientiane, hat man mittlerweile begonnen ein kleines Busnetz aufzubauen.
Man darf aber nicht vergessen, dass Laos ein Entwicklungsland ist und zudem das Ärmste in der ASEAN Region.
Arm bedeutet jedoch nicht gleich arm. Das Land ist reich an Lebensfreude und Lebensqualität. Familie und Gemeinschaft haben einen großen Stellenwert. Man hilft sich gegenseitig wo man kann, insbesondere aktuell während der Pandemie. Ein laotischer Bekannter hat es vor kurzem schön auf den Punkt gebracht. „Aktuell ist nicht die Zeit um an sich selbst zu denken, sondern die Zeit zum Teilen“.
Des Weiteren ticken die Uhren etwas langsamer hier. Das Leben ist daher sehr entspannt. Jedem der nach Entschleunigung sucht oder sich ausgebrannt fühlt, dem kann ich nur einen längeren Laos Aufenthalt empfehlen.
Grundsätzlich ermöglicht mir dieser unerwartet lange Aufenthalt in Laos, aber auch meine Fahrradweltreise, die Möglichkeit viel Zeit mit mir selbst zu verbringen. Einerseits kann ich jeden Tag das tun, wonach mir gerade ist und andererseits, vor allem wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, bin ich ganz mit meiner Gedankenwelt ganz alleine. Irgendwann erreicht man immer den Punkt, an dem jeder Gedanke mehrfach durchdacht ist und verschwindet. Ab dann ist man absolut frei und klar im Kopf. Das ist wie Meditation und fühlt sich richtig gut an.

Leben in Laos: Fahrrad-Ausflug nach Nong Khiaw
Hast du Freundschaften in Laos schließen können?
Zu Anfang habe ich hauptsächlich Freundschaften zu anderen Laos-Reisenden aufgebaut. Viele haben Laos jedoch nach und nach mit einem der wenigen privaten Charterflüge verlassen.
Über die Zeit habe ich auch Freundschaften zu ein paar Einheimischen geschlossen, vor allem in Luang Prabang, da ich hier bislang ca. die Hälfte meines “Lebens in Laos” verbracht habe. Dadurch habe ich das Gefühl noch tiefer in die Gesellschaft und Kultur eintauchen zu können. Gerade während der aktuellen Pandemie, in der sehr wenig Touristen im Land sind, denke ich manchmal, dass ich die seltene, wenn nicht sogar die einmalige Gelegenheit habe Laos in seiner ursprünglichsten Art und Weise kennenlernen zu dürfen.
Die Freundschaften zu den Einheimischen machen mir außerdem das Leben um einiges einfacher. Sie helfen mir z.B. etwas beim Lernen der Sprache oder zeigen mir, wo ich günstig einkaufen und essen gehen kann, ohne den „Farlang-Preis“ (Farlang: laotisch für „Ausländer“) zu zahlen.

Hilfsprojekt in Long Sa Ao, Laos
Wie lange wirst du in Laos bleiben?
Die Antwort ist relativ einfach. Bis die Landgrenzen wieder öffnen und ich meine Fahrradweltreise fortsetzen kann. Visumbedingt muss ich das Land dann auch verlassen, da ich mich hier mit einem Touristenvisum befinde, welches ich jeden Monat verlängere. Ich weiß schon jetzt, dass es schwierig wird, da es sich letztendlich um eine Art Neustart meiner Reise handelt und ich mich wieder von Menschen verabschieden muss, die mir ans Herz gewachsen sind. Wann das soweit sein wird, das weiß aktuell niemand…
